„Berichte der Toten“ von Michael Hirtzy

Band 2 der VorTeks-Reihe

Nachdem die Crew des Rettungskreuzers Gutabara hart aus dem Kryoschlaf gerissen wurde, müssen sie erkennen, dass sie zu Passagieren auf ihrem eigenen Schiff geworden sind. Ohne Kontrolle über die Navigation befinden sie sich auf einer Reise, deren Ende sie nicht kennen.

Gefangen und ohne Ausweg suchen sie nach Antworten auf die vielen brennenden Fragen. Doch jeder neue Hinweis lässt sie noch tiefer im Unerklärlichen versinken.

Ihre einzige Chance besteht darin, den Auslöser für ihren Flug und die dramatischen Ereignisse während der Tiefschlafphase zu ergründen. Dazu müssen sie tief ins Innere der Gutabara vordringen und die Berichte der Toten öffnen.

Michael Hirtzy | Kindle

Der Rumpf der Narakam kreischte unter den eintreffenden Gewalten wie ein eingekesseltes Tier, das um sein Leben kämpfte. Wände, Decken, sogar die Böden bogen sich durch, schlugen Wellen. Sie verkrümmten sich in einer Weise, die kein Ingenieur jemals vorhergesehen hatte. Mit jeder verstrichenen Minute wurde es schwerer festzustellen, ob die Verformungen von den mechanischen Kräften resultierten oder bereits die ersten, sich durch das Schiff fressenden Ausläufer des Konstruktes waren.
Vor Colonel Cornel Gatnom lag der sieben Meter breite, schnurgerade Zentralgang. Die Hauptverbindung, die sich vom Bug bis zum Heck des sechshundertsiebzehn Meter langen Schlachtschiffes zog, wand sich vor seinen Augen.
Der Anblick erinnerte ihn an Luftschlangen im Wind. Leitungen barsten, Deckplatten sprangen aus ihren Verankerungen. Abgesplitterte Teile rasten, riesigen, unkontrollierbaren Schrapnellen gleich, zu allen Seiten. Zwei Soldaten, die vor der Krankenstation Wache hielten, konnten ausweichen. Anders als Gatnoms Adjutantin, die in einigem Abstand hinter ihrem Kommandanten her lief.
Eine der fingerdicken Stahlplatten traf sie in den Rücken. Die brutale Wucht brach die Achtundzwanzigjährige förmlich entzwei. Gatnom konnte das Geräusch der berstenden Knochen nicht hören. Jedes Geräusch ging im Heulen der Sirenen sowie dem unerbittlichen Jaulen der weit über ihre Grenzen belasteten Rumpfkonstruktion der Narakam unter. Lieutenant Rashiks Blick brach im selben Augenblick, in dem sich die Deckplatte durch ihre Wirbelsäule bohrte. Der an sich stumpfe Stahl fraß sich durch sie wie ein scharf geschliffenes Messer durch Butter.
Es gab nichts mehr, was Gatnom für sie tun konnte. Genauso wenig wie für die beiden Wachsoldaten, die sich soeben wieder aufrappelten. Gatnom wollte sie warnen. Bevor er den Mund öffnen konnte, wusste er, dass es nutzlos gewesen wäre. Einerseits wäre seine Stimme in dem höllischen Getöse nie über die dreißig Meter zu ihnen gedrungen. Andererseits sah er bereits, wie sich der Boden zu ihren Füßen in die brodelnde, schwarze Masse verwandelte, von der er inzwischen wusste, dass sie den unausweichlichen Tod bedeutete. Nichts und niemand kam gegen das Biest an.
Zu Beginn hatte er über den Namen gelacht, der von einer Ärztin geprägt worden war, deren Ausführungen er für pure Hysterie gehalten hatte. Vierunddreißig Stunden nach Beginn ihrer Mission wusste er, dass die Bezeichnung bestenfalls an der Oberfläche des dahinterliegenden Konzepts kratzte. Ihr Angreifer widersprach allem, was Gatnoms Geist erfassen konnte, ohne sich an den Rand des Irrsinns zu begeben – ein Monster, entsprungen den tiefsten Abgründen der menschlichen Psyche. Selbst in seinen furchtbarsten Albträumen hätte Gatnom sich nicht ausmalen können, was im Zwischenraum auf sie wartete.

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