„Gutabara“ von Michael Hirtzy

Band 1 der VorTeks-Reihe

Mitte des 23. Jahrhunderts hat sich die Menschheit über die Grenzen der Erde hinaus entwickelt. Viele Planeten und Monde des Sonnensystems sind besiedelt, wenn auch oft nur von kleinen Bergbaukolonien oder Industrieanlagen. Bis weit hinein in die Oortsche Wolke sind Außenposten bereits vorgedrungen.

Selbst der interstellare Raum bleibt nicht unberührt. Auch wenn die überlichtschnelle Raumfahrt ein Wunschtraum bleibt, dem die unumstößlichen physikalischen Gesetze entgegenstehen. Davon lassen sich jene Mutigen nicht abschrecken, die sich aufmachen, um neue Sonnensysteme zu erobern. Mithilfe von Generationsschiffen versuchen sie die schier unvorstellbaren Abgründe zwischen den Welten zu überbrücken.

Während diese Abenteurer Jahrzehnte im Tiefschlaf verbringen, um ihr ersehntes Ziel zu erreichen, sorgen die Crews tausender Schiffe dafür, dass sich das Leben im irdischen Sonnensystem weiterbewegt. Unter ihnen die Crew der Gutabara, die im Jahr 2254 ihren Dienst in den äußersten Regionen der menschlichen Einflusssphäre versieht.

Michael Hirtzy | Kindle

Die Varjokuu zog ihre einsame Bahn in der Dunkelheit. In der absoluten Leere, die sich vom äußeren Rand des Kuipergürtels bis zur Grenze der Oortschen Wolke zog, glich der Gigant einem Tropfen Wasser in den Weiten des irdischen Meeres. Klein und unbedeutend im Vergleich zu dem gewaltigen, tödlichen Nichts.
Mit abgeschaltetem Antrieb driftete der neunhundert Meter lange Stealthzerstörer, begleitet von zwei Korvetten derselben Bauart, im All. Im Inneren des leblos wirkenden Monsters warteten über eintausend bestens ausgebildete Soldaten auf ihren Einsatz, der Großteil von ihnen im Kryoschlaf. Überwacht wurden sie von einer Rumpfmannschaft: achtzig Offiziere, Spezialisten und Marines, die nur darauf harrten, den Einsatzbefehl zu erhalten, von dem ihr Kommandant hoffte, ihn nie zu bekommen.
Colonel Vardan Riebhus las den täglichen Statusbericht, der sich von den zweiundneunzig vorangegangenen nicht unterschied. Seine Crew funktionierte wie eine bestens geölte Maschine. Solange der Befehl, der einzige Grund, warum sie sich hier draußen mitten im Nichts befanden, nicht kam, würde sich an diesem Bericht in den kommenden siebenundachtzig Tagen nichts Erwähnenswertes verändern. Anschließend würde Vardan die Wachablöse mit Colonel Durenko durchführen und sich selbst für sechs Monate in den Kryoschlaf begeben. Bis seine nächste Wachschicht begann. Vier Mal lag dieser Wechsel bereits hinter ihnen. Wie oft er noch vor ihnen lag, wagte Vardan nicht abzuschätzen.
Er wusste um die Bedeutung ihrer Mission und hoffte inständig, dass die Inaktivität in einer kommenden Tiefschlafphase beendet würde. Die Kommandostruktur ließ keine Zweifel offen. Kam der Einsatzbefehl, führte jener der beiden das Kommando der Varjokuu, der zu diesem Zeitpunkt die Wache führte.
Als hätten bösartige Dämonen seine Gedanken belauscht, ertönte in diesem Moment ein penetranter, durch Mark und Bein gehender Signalton von der linken Tischkante. Vardans Blick zuckte zu dem in der Tischplatte versenkten Terminal. Er hatte es seit dem Verlassen des Raumdocks noch nie aktiv erlebt. Gut erinnerte er sich an den Rat von Admiral Trejav, auch keinen Versuch zu unternehmen, es in irgendeiner Weise zu benutzen oder gar zu manipulieren.
»Lassen Sie es in Ruhe«, hatte der neunundsiebzigjährige Admiral ihm geraten. »Am besten, Sie tun so, als wäre es nicht da. Damit ersparen Sie sich und allen anderen viel Ärger.«
Die Zeit der Ruhe schien vorbei.
Ohne auf seine Reaktion zu warten, begann das Projektionsfeld sich aufzubauen. Im Hintergrund vernahm Vardan das leise, charakteristische Zischen der Türverriegelung.
»Was zum Teufel?«, fauchte er und hieb auf das Comterminal vor sich. Klatschend traf seine Handfläche auf das glatte Sensorfeld. Seinen Versuch quittierte es mit dem ablehnenden Brummen einer Fehlermeldung. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, bevor er die Hand hob, um sie nochmals auf das Sensorfeld zu knallen. Wieder ertönte die Fehlermeldung.
»Will mich hier wer verarschen?«, knurrte er und hob das Handgelenk mit dem Comarmband. Der Zeigefinger der anderen Hand berührte das Flexdisplay, welches aufleuchtete und ihm eine völlig unerhörte Meldung zeigte.

#KEINE VERBINDUNG#

Vardans Fäuste krachten auf die Tischplatte. Simultan erschien im Projektionsfeld das Bild einer Frau, die er seit Jahren nicht gesehen hatte. Damit zerstörte sie seine Hoffnung, sie nie wieder zu Gesicht zu bekommen. Sein Gedärm krampfte sich zusammen. Die Fäuste geballt, lagen seine bebenden Arme auf der glattpolierten Tischplatte.
»Syuzanna«, presste er hervor. »Was verschafft mir die zweifelhafte Ehre?«

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